Familie, Pflege und Beruf miteinander vereinbaren: Pflegezeit und Familienzeit
Pflege ist oft nicht vorhersehbar und planbar. Durch das seit 1. Januar 2015 in Kraft getretene Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf erhalten Berufstätige, wenn sie jemanden zu Hause pflegen, mehr Flexibilität und Unterstützung. Mit diesem Gesetz wurden die bestehenden Regelungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und Familienpflegegesetz (FPfZG) weiterentwickelt. Beide Gesetze bestehen weiterhin nebeneinander, wurden aber miteinander verzahnt.
Tritt eine akute Pflegesituation ein, sind durch die Angehörigen viele Aufgaben zu erledigen. Für Berufstätige ist es dann oftmals schwierig die Organisation der Pflege, die Familie und den Beruf unter einen Hut zu bringen. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, das Berufstätige sich für nahe Angehörige 10 Arbeitstage von der Arbeit freistellen lassen können. Diese Möglichkeit haben wir Ihnen in unserem vorherigen Newsbeitrag vorgestellt.
Was ist, wenn 10 Tage Freistellung von der Arbeit nicht ausreichen?
Nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) besteht die Möglichkeit, dass Sie sich unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 6 Monate teilweise oder auch vollständig von der Arbeit freistellen lassen können. Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) regelt die teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten.
Welche Voraussetzungen müssen für die 6 monatige Pflegezeit erfüllt sein?
– Ihr Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer,
– Sie möchten einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 1 (Nachweispflicht durch Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) in häuslicher Umgebung pflegen.
Ihre nahen Angehörigen sind:
– Eltern, Stiefeltern, Großeltern, Schwiegereltern,
– Ehe- und Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Schwägerinnen und Schwäger,
– Ihre Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder und die Ihres Ehe- oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder
– Sie müssen Ihren Arbeitgeber mindestens 10 Tage vor dem gewünschten Pflegebeginn schriftlich darüber informieren, dass Sie Pflegezeit in Anspruch nehmen möchten, wie lange und in welchem Umfang Sie sich freistellen lassen möchten. Bei der gewünschten teilweisen Freistellung, ist die verringerte Stundenanzahl sowie gewünschte Verteilung der Arbeitszeit schriftlich zu vereinbaren.
Ist eine kürzere Pflegezeit möglich, kann diese verlängert oder mehrfach in Anspruch genommen werden?
Sie können die Pflegezeit auch für einen kürzeren Zeitraum (beispielsweise 2 Monate) in Anspruch nehmen. Eine sofortige anschließende Verlängerung bis zur Höchstdauer von 6 Monaten ist davon abhängig, ob Ihr Arbeitgeber dem zustimmt. Sie können die Verlängerung gegenüber Ihrem Arbeitgeber verlangen, wenn beispielsweise der zuvor geplante Wechsel der Pflegeperson (z.B. Ihr Bruder wollte die Pflege nach Ihnen fortführen) aus wichtigem Grund nicht stattfinden kann. Die Pflegezeit kann nicht ausgesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden.
Im Rahmen des Pflegezeitgesetzes haben Sie auch die Möglichkeit Ihren Angehörigen in der letzten Lebensphase zu begleiten und sich bis zu drei Monate teilweise oder vollständig von der Arbeit freistellen zu lassen.
Welche Voraussetzungen müssen für die 24 monatige Familienpflegezeit erfüllt sein?
Ihr Arbeitgeber beschäftigt mehr als 25 Arbeitnehmer (Auszubildende zählen nicht mit),
Sie möchten einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 1 (Nachweispflicht durch Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) in häuslicher Umgebung pflegen.
Ihre nahen Angehörigen sind oben beschrieben.
Sie müssen Ihren Arbeitgeber mindestens 8 Wochen vor dem gewünschten Pflegebeginn schriftlich darüber informieren, dass Sie Familienpflegezeit in Anspruch nehmen möchten. Wenn Sie vorher die 6 monatige Pflegezeit in Anspruch genommen haben, gilt eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten.
Welche Freistellung ist innerhalb der Familienpflegezeit möglich?
Bei der Familienpflegezeit handelt es sich um eine teilweise Freistellung von der Arbeit. Es gilt eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden.
Sie können sich für die Dauer von maximal 24 Monaten oder auch weniger teilweise freistellen lassen. Bei einer verkürzt in Anspruch genommene Familienpflegezeit gelten die gleichen Regelungen wie bei der Pflegezeit.
Wie lange ist die Freistellung bei Pflegezeit und anschließender Familienpflegezeit?
Sie können beide Freistellungsmöglichkeiten miteinander kombinieren, diese müssen aber nahtlos aneinander folgen. Die Dauer der Freistellung beträgt insgesamt 24 Monate.
Sie können die Pflegezeit und Familienpflegezeit für den gleichen pflegebedürftigen nahen Angehörigen nur einmal beanspruchen. Die gesetzlichen Regelungen sehen jedoch vor, dass alle Beschäftigten (also auch Ihre Geschwister) unter oben genannten Voraussetzungen Pflege- und/oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen können.
Wird während der Pflege-/Familienpflegezeit der Lohn vom Arbeitgeber weitergezahlt?
Nein, in der Regel nicht. Als finanzielle Unterstützung haben Sie aber Anspruch auf ein zinsloses Darlehen, welches Sie beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragen können. Das Darlehen wird monatlich ausgezahlt und ist nach der Freistellung in Raten zurückzuzahlen. Ihren Darlehensanspruch können Sie hier berechnen.
Wann endet die Pflege-/Familienpflegezeit?
Die reguläre Pflege- oder auch Familienpflegezeit endet wie oben beschrieben. Sollten sich die Umstände ändern (beispielsweise Ihr Angehöriger ist nicht mehr pflegebedürftig oder stirbt), endet die Pflege-/Familienpflegezeit vier Wochen nach Eintritt des veränderten Umstands. Sie müssen Ihren Arbeitgeber über die veränderte Situation unverzüglich informieren. Die vorzeitige Beendigung der Pflege- oder Familienpflegezeit ist nur mit Zustimmung Ihres Arbeitgebers möglich.
Wenn Sie in einem Unternehmen mit einer geringeren Anzahl an Arbeitnehmern angestellt sind, sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber, ob dieser auf freiwilliger Basis mit der Freistellung (auf Grundlage des Pflege- oder Familiengesetzes) einverstanden ist. Auch in diesem Fall haben Sie Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.