Ergotherapie zu Hause: 10 alltagsnahe Übungen, die Mobilität und Selbstständigkeit stärken
Therapie beginnt im Wohnzimmer: Ergotherapie ist das „Alltagstraining“ der Rehabilitation. Sie verbindet medizinisches Fachwissen mit ganz praktischen Tätigkeiten, damit Menschen trotz körperlicher Einschränkungen möglichst selbstständig bleiben. Gerade in der häuslichen 24-Stunden-Betreuung lässt sich Ergotherapie ideal in den Tagesablauf integrieren – ohne teure Geräte, aber mit großem Nutzen für Kraft, Koordination und Lebensqualität.
Die folgenden zehn Übungen benötigen nur wenige Hilfsmittel, lassen sich leicht variieren und beanspruchen kaum Platz. Bitte stimmen Sie vorab immer mit Ärztin, Arzt oder Ergotherapeutin ab, welche Übungen im individuellen Fall geeignet sind.
1 – Warm-up: Schulterkreisen im Sitzen
- Dauer: 1 Minute
- Aufrecht auf einen Stuhl setzen, Füße hüftbreit.
- Zehnmal langsam die Schultern nach hinten, danach zehnmal nach vorn kreisen.
Lockert Nackenmuskulatur, verbessert Durchblutung und bereitet den Oberkörper auf weitere Bewegungen vor.
2 – Greif- und Knetball
- Dauer: 3 Minuten
- Weichen Igel- oder Tennisball drücken, rollen und kneten.
- Alle 30 Sekunden die Hand wechseln.
Stärkt Hand- und Unterarmmuskulatur – wichtig für Besteck, Zahnbürste oder Gehstock.
3 – Türrahmen-Stretch
- Dauer: 2 Minuten
- Im Türrahmen die Hände auf Schulterhöhe anlegen, Oberkörper vorsichtig nach vorn lehnen.
- 20 Sekunden halten, dreimal wiederholen.
Dehnt Brust‐ und Schultermuskeln und unterstützt aufrechte Haltung.
4 – Sit-to-Stand: der Klassiker
- Dauer: 5 Minuten
- Auf stabilem Stuhl sitzen, Arme verschränken.
- Langsam aufstehen und wieder setzen. Mit 5 Wiederholungen starten, auf 15 steigern.
Kräftigt Oberschenkel und Gesäß – erleichtert Aufstehen von Bett, Sofa oder Toilette.
5 – Balance-Tandemstand
- Dauer: 3 Minuten
- Hinter einem Stuhl stehen, Lehne leicht festhalten.
- Einen Fuß direkt vor den anderen setzen (Ferse an Zehen) und 10 Sekunden balancieren.
- Seite wechseln, fünf Durchgänge.
Verbessert Gleichgewicht und beugt Stürzen vor.
6 – Theraband-Rudern
- Dauer: 4 Minuten
- Sitzend das Band um beide Fußsohlen legen, Enden mit gebeugten Ellenbogen fassen.
- Band Richtung Bauch ziehen, Schulterblätter zusammenführen.
- 10–12 Wiederholungen, zwei Sätze.
Kräftigt Rücken-, Schulter- und Armmuskeln – wichtig für sicheres Umsetzen und stabile Haltung.
7 – Finger-Leiter an der Wand
- Dauer: 3 Minuten
- Fingerkuppen auf Schulterhöhe an die Wand setzen.
- Finger „hinaufklettern“, so hoch wie möglich, langsam zurück.
- Drei Durchgänge.
Verbessert Schulterbeweglichkeit und Feinmotorik – nützlich fürs Kämmen, Schränke öffnen oder Rolladen bedienen.
8 – Fußheber mit Wasserflasche
- Dauer: 4 Minuten
- Sitzend eine 0,5-l-Flasche längs unter den Fuß legen.
- Vor- und zurückrollen, dabei bewusst die Zehen anheben.
- Je Seite 1 Minute, zwei Durchgänge.
Aktiviert die Fußmuskeln und reduziert Stolpergefahr über Teppichkanten.
9 – Küchen-Teller-Shuffle
- Dauer: 5 Minuten
- Drei leichte Teller auf die Arbeitsfläche legen.
- Jeden Teller nacheinander mit der flachen Hand im Kreis schieben, erst rechts-, dann linkshändig.
Fördert Schulterstabilität, Koordination und beidseitige Geschicklichkeit – ideale Vorbereitung fürs Kochen und Abwaschen.
10 – Cool-down: Atem-Spirale
- Dauer: 2 Minuten
- Eine Hand auf den Bauch, die andere auf die Brust legen.
- Tief durch die Nase einatmen, vorstellen, wie sich eine Spirale vom Becken nach oben öffnet.
- Langsam durch gespitzte Lippen ausatmen.
- Drei Wiederholungen.
Beruhigt Puls und Geist, fördert bewusste Atmung.
So bauen Sie Ergotherapie mühelos in den Alltag ein
- Routinen koppeln: Sit-to-Stand nach jeder Fernsehsendung, Greifball während der Nachrichten.
- Kleine Zeithäppchen: Drei- bis viermal täglich fünf Minuten sind effektiver als eine Marathon-Einheit.
- Fortschritt sichtbar machen: Übungsprotokoll führen; jede Wiederholung bringt ein Häkchen.
- 24-Stunden-Kraft einbinden: Betreuungskräfte erinnern, geben Halt und dokumentieren Fortschritte.
- Dosiert steigern: Wird eine Übung leichter, erhöhen Sie Widerstand oder Wiederholungen behutsam.
Sicherheit zuerst
- Neue Übungen zunächst unter Aufsicht durchführen.
- Rutschfeste Schuhe und festen Stand gewährleisten.
- Bei Schmerzen, Schwindel oder Kurzatmigkeit sofort abbrechen und ärztlich klären.
Fazit
Mit wenigen Hilfsmitteln – Theraband, Ball, Stuhl – lassen sich alltagsrelevante Muskeln, Balance und Feinmotorik nachhaltig stärken. Schon 15 bis 20 Minuten täglich genügen, um innerhalb weniger Wochen spürbare Fortschritte zu erreichen. Für pflegende Angehörige und 24-Stunden-Betreuungskräfte schaffen die oben gezeigten Übungen eine klare, sichere Struktur, die sich ohne großen Aufwand in den Pflegealltag integrieren lässt.
Bleiben Sie aktiv, bleiben Sie selbstständig – und machen Sie Ihr Wohnzimmer zur besten Trainingsfläche der Welt!